Page 2 - Ferienbrief 2023
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Die Welt fühlen

       Urlaub machen wie Gott am siebten Schöpfungstag


       Die Sommerferien stehen vor der Tür, vielleicht auch Ihr Urlaub. Was haben
       Sie  vor?  Wandern,  Städte  besichtigen,  Schwimmen,  Klettern,  Tauchen,
       Segeln, Golf spielen, Töpfern…

       Einer  Umfrage  zufolge  stürzt  sich  jeder  zweite  in  einen  so  genannten
       Aktivurlaub. Und spätestens beim Durchblättern von Reiseprospekten wird

       klar: die aktivste Zeit des Jahres beginnt genau jetzt, am ersten Urlaubstag.
       Wenn diese Aktivurlauber nach Hause kommen – so die Verheißungen der
       Reisebranche  -,  seien  sie  „nicht  ausgepowert“,  sondern  fit  für  neue

       Herausforderungen. Die „aktive Erholung“ soll wesentlich länger anhalten als
       bei Urlaubern, die einfach nichts tun.

       Nichts tun?

       Aber gibt es das überhaupt noch? Nichts tun? Wenn schon die einzige dafür
       doch eigentlich prädestinierte Zeit des Jahres sich längst verwandelt hat in

       einen unüberschaubaren Dschungel von Aktivitäten? Nicht nur im Urlaub,
       noch viel mehr im Alltag scheint das Nichtstun verschwunden zu sein.

       Kaum vorstellbar, dass bei einer Terminabsprache einer der Beteiligten sagt,
       er könne an dem Tag nicht, und zwar deshalb, weil er da einfach mal nichts

       tun  wolle.  Das  Nichtstun  steht  in  Verruf.  Wer  nichts  zu  tun  hat,  ist  ganz
       offensichtlich  nicht  wichtig,  hat  keinen  Anteil  am  pulsierenden  Leben.
       Dolcefarniente  –  dieses  italienische  Wort  hatte  einst  einen  süßen

       Beigeschmack. Heute aber wird das Nichtstun in der Regel nicht mehr als
       genussreich empfunden.

       Im Ruhen vollenden

       Doch  könnte  es  sein,  dass  wir  den  Wert  des  Faulenzens  und  des
       Herumgammelns  maßlos  unterschätzen?  Schließlich  gibt  es  eine

       allerhöchste Legitimation für den Müßiggang. Er wird an höchst prominenter
       Stelle, nämlich gleich am Anfang der Bibel, sogar für heilig erklärt. Zunächst
       wird jedoch richtig viel gearbeitet, es wird geschöpft und erschaffen, was das

       Zeug hält. Sechs Tage lang zeigt sich Gott als ein absoluter Macher. Was
       könnte dynamischer und kreativer sein als die Erschaffung der Welt? Gott ist
       Schöpfergott durch und durch. – Wäre da nicht, ja, wäre da nicht der siebte
       Schöpfungstag.


       Im Buch Genesis heißt es: „Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das
       er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes

       Werk vollbracht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für
       heilig.“ Gott segnet und heiligt also gerade diesen Tag, an dem er selbst
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